Auf dem nächtlichen Balkon, auf dem wir beide stehen, schreit sie mich an. „Du Idiot!“, entfährt es ihr, „Du Vagabund! Du Nichts! Du Köter! Ist dir eigentlich klar, wie viel ich bin? Wie kannst du ernsthaft glauben, dass…?“ Ich sehe sie nur an, sehe das perfekte Haar, dieses flüssig scheinende Gold, sehe ihren Panzer unter ihren heftigen Atemzügen auf und ab wippen und blicke sie nur an. In ihrer Gegenwart kann ich nicht sprechen.
„Was bist du nur für ein Tier?“, fährt sie fort, doch weiß ich, dass ihr ihre Wut selbst lächerlich vorkommt. „Soll ich dich rausschmeißen, über den Balkon? Dann brichst du dir die Knochen und bist tot oder auch nicht.“
Ich stehe weiterhin nur da und sehe sie an. Sie ist wie eine Puppe, so perfekt. Ich bewundere einfach alles an ihr, bin in ihrem Bann gefangen, komme nicht von ihr los. Ich wünschte, ich könnte sprechen. Diese Augen… ist das noch grün oder schon blau?
„Höre zu. Du bist doch gar nicht so ein Dummkopf und weißt sicher, dass es nicht geht. Du bist… nun einmal du und ich bin…“ – „Julia!“ Meine Lippen handelten ganz von selbst, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Sie klingen flehend, erschreckend schwach, und da weiß ich, dass ich so fühle.
„Höre zu, ich kann einfach nicht… ich kann nicht… Das ist halt so, weißt du.“ Sie lacht, als würde damit die Welt anfangen, sich zu drehen. „Du verkommener Mann aus dem Menschengeschlecht. Mit braunen Haaren. Mit einem Bart.“ Ich kann nicht sprechen, kann nicht anders, als sie unablässig zu betrachten, wie sie wie einem Püppchen in den Wellen gleich über den Balkon schwankt. „Ich finde ihn faszinierend, weißt du. Für uns Elfinnen ist so etwas fremd. Ich frage mich manchmal, was ich davon halten soll.“
Da hält sie inne und sagt nichts, doch das muss sie auch nicht – ihre Finger belauern den Schwertknauf an ihrem Gürtel, unsicher, ob sie dort Halt finden. Am Ende entscheidet sie sich für ihren Umhang. Sie zieht ihn glatt, während sie sagt: „Manchmal, wenn ich morgens im Bett liege, frage ich mich, ob du wohl auftauchen wirst. Dann merke ich, dass ich mich darauf freue. Das ist doch verrückt, weißt du?“ Ich weiß es nicht. Ich blicke sie nur an.
„Aber mit uns beiden, das geht nicht. Darum: Eine Nacht? Eine Nacht und wir gehen unsere Wege?“ – „Nein“, höre ich mich sprechen, „Ich lasse dich niemals allein.“
Sie hört genau, was ich sage, daran lassen ihre püppchengleichen spitzen Ohren keinen Moment des Zweifels… und doch fehlen ihr die Worte. Ich sehe, wie sie ihre Augen schließt und mich mit der Frage nach Grün oder Blau allein lässt, und höre sie sagen: „Dann nimm dir, wonach du dich sehnst. Lass es ein Alptraum sein, aus dem ich niemals erwache.“